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Bernstein aus dem Karbon: interessante chemische Struktur und offene Fragen

von Harald Binder

Studium Integrale Journal
17. Jahrgang / Heft 1 - Mai 2010
Seite 32 - 36


Zusammenfassung: Bernstein erweist sich aufgrund seiner spannenden, wechselvollen und noch weitgehend im Dunkeln liegenden Entstehungsgeschichte als große Herausforderung für seine chemische Erforschung. Fossile Harze werden schon sehr früh in der Geschichte von Menschen genutzt und liefern vielfältige Informationen über Kulturen vergangener Zeiten. Darüber hinaus öffnen Bernsteinfunde aber auch ein Fenster in die Erdgeschichte und geben nicht nur durch die eingeschlossenen Fossilien, sondern auch in der chemischen Komposition des Materials Auskunft über längst vergangene Zeiten.

Die Veröffentlichung von chemischen Analysen neuer Bernsteinfunde aus dem Karbon (Abb. 1) demonstriert die Leistungsfähigkeit moderner Methoden und bestätigt die Bedeutung von Entwürfen einer Systematik fossiler Harze. Die Resultate werfen jedoch auch spannende Fragen im Blick auf die Harz liefernden Pflanzen und deren Entstehungsgeschichte auf. Somit motivieren die jüngsten Erkenntnisse zur Chemie fossiler Harze, nach weiteren Hinweisen aus der Erdgeschichte zu suchen und diese noch besser zu verstehen.




Einführung
Abb. 1: Bernstein aus einem Kohleflöz in Illinois (Karbon). (Aus Bray & Anderson 2010; Abdruck mit freundlicher Genehmigung)

Bernstein ist ein geheimnisvoller und faszinierender Stoff. Es handelt sich dabei um Rückstände von Pflanzenharzen, die in Sedimentschichten erhalten sind. Bernstein wurde bereits von Menschen in der Jungsteinzeit (Neolithikum) an der Küste des Baltikums gesammelt und bearbeitet. Die ältesten aus Bernstein gefertigten Artefakte wurden in Höhlen in England gefunden; deren Alter wird mit 11 000 bis 9 000 v. Chr. angegeben (Langenheim 2003). Archäologische Funde stellten Wissenschaftler vor die Herausforderung, die Echtheit von Bernstein zu bestätigen und diesen gegenüber anderen Materialien abzugrenzen. Darüber hinaus stellte sich auch die Frage nach einer Zuordnung der gefundenen Bernsteine zu einem Herkunftsort, um z. B. Handelsrouten nachzuvollziehen. Aus diesen Gründen wurden Methoden zur Analyse von fossilen Harzen entwickelt und angewendet.

Die Nutzung von Bernstein als Schmuckstein verstärkte die Notwendigkeit, die fossilen Harze differenzierter anzusprechen. Zunächst wurde Bernstein als organisches Mineral aufgefasst und für die fossilen Harze wurden mineralogische Namen vergeben z. B. in Anlehnung an den Fundort (Burmit, Bitterfeldit, Siegburgit) oder nach chemischen Bestandteilen (Succinit). Durch dieses Vorgehen stieg die Anzahl der beschriebenen fossilen Harze stark an, ohne dass Erkenntnisse darüber gewonnen wurden, worin sich die Bernsteine ähneln bzw. worin sie sich unterscheiden.

Durch die Anwendung moderner Analysemethoden erhofft man sich Einblicke in den strukturellen Aufbau der fossilen Harze und durch charakteristische Komponenten auch Hinweise auf die ursprünglichen Harzlieferanten, also die Pflanzen, die das Harz produziert und ausgeschieden haben.

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Pflanzliche Harze

Pflanzliche Harze sind komplexe Stoffgemische, viele enthalten als typischen Bestandteil Terpene. Diese synthetisieren die Pflanzen aus Isoprenbausteinen (C5H8-Verbindungen), chemischen Stoffen, die aus 5 C-Atomen bestehen und zwei Doppelbindungen aufweisen. Isopren erzeugt die Pflanze über einen längeren Syntheseweg letztlich aus dem Primärprodukt der Photosynthese, der Glucose (Traubenzucker). Terpene werden dann aus Isoprenen zusammengesetzt und sind dadurch charakterisiert, dass sie immer eine durch 5 teilbare Zahl an C-Atomen enthalten. Die Strukturen der Terpene sind aber sehr variabel, die C-5-Einheiten können sich zu einfachen Ketten zusammenlagern oder aber auch komplexe Ringsysteme ausbilden. Nun ist bekannt, dass es Pflanzen gibt, die spezifische Terpene synthetisieren, so dass in den komplex zusammengesetzten Harzen typische Terpen-Strukturen zu finden sind. Bei den Terpenen, die die zähflüssigen, nicht flüchtigen Bestandteile darstellen, handelt es sich typischerweise um Di- (C20) und Triterpene (C30).

Die Zusammensetzung der Harze einer Pflanze wird aber auch noch von vielen äußeren Faktoren beeinflusst. So spiegeln sich z. B. auch der Standort (Bodenqualität) und klimatische Faktoren in der Zusammensetzung der Harze wider. So weist das Harz einer Kiefer durchaus typische Komponenten auf, die aber je nach Standort und Wachstumsbedingungen erheblich variieren können. Der Ausgangsstoff für die Bildung fossiler Harze ist also ein hochkomplexes Stoffgemisch, das hinsichtlich seiner Zusammensetzung auch für eine bestimmte Pflanze bzw. Pflanzengruppe je nach deren Lebensbedingungen variieren kann.

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Vom pflanzlichen zum fossilen Harz

Eine Pflanze kann z. B. bei äußeren Verletzungen Harz absondern und damit die entstandene Wunde verschließen – vergleichbar der Versorgung einer kleineren Wunde mit einem Pflaster. Das ausgeflossene Harz reduziert durch den Wundverschluss den Verlust von Flüssigkeit und verhindert darüber hinaus auch die Infektionsgefahr oder den Befall durch Pilze. Auch heute kann man beobachten, wie das flüssige Harz trocknet und einen festen Überzug bildet. Beobachtet man ausgeflossenes Harz etwas genauer, dann kann man feine Risse feststellen. Diese Trocknungsrisse werden dadurch verursacht, dass leichtflüchtige Bestandteile verdampfen und somit Material entfernt wird. Diese flüchtigen Komponenten rufen auch den typischen Harzgeruch hervor. Diesen kann man auch noch wahrnehmen, wenn man z. B. ältere Harzstücke von einem Baum entfernt und mit den Fingern zerreibt.

Beobachtet man Harzsekretionen über einen längeren Zeitraum, so erkennt man, dass das Material im Laufe der Zeit unter den verschiedenen Wettereinflüssen verwittert, d. h. auch das getrocknete Harz ist nicht beständig.

Untersuchungen an fossilen Harzen zeigen, dass unter bestimmten – bislang unbekannten – Bedingungen die chemischen Bestandteile der Harze miteinander reagieren, es muss eine Art Polymerisationsreaktion stattgefunden haben. Man kann sich vorstellen, dass die verschiedenen Terpenmoleküle sich zu einem komplexen 3-dimensionalen Netzwerk verknüpft haben, die Größe der Komponenten steigt dabei dramatisch (das Molekulargewicht nimmt zu). Dies kann man z. B. auch daran erkennen, dass man Harz (auch getrocknetes) gut in organischen Lösungsmitteln wie z. B. Ether oder Aceton auflösen kann. Fossile Harze dagegen lösen sich typischerweise nicht in organischen Lösungsmitteln oder nur zu einem sehr geringen Teil.

Über die Bedingungen, unter denen die Polymerisationsreaktionen der Harze abgelaufen sind, können wir bis heute nur spekulieren, wir haben darüber praktisch keine Erkenntnisse. Mit Polymerisationsreaktionen an sich sind Chemiker heute sehr gut vertraut, aber wir können im Blick auf fossile Harze nur auf der Basis von Analogien Vermutungen anstellen.

Soviel aber ist klar: Wenn die Harze über lange Zeit an der Erdoberfläche Sonnenlicht, Wind und Wetter ausgesetzt sind, dann verschwinden sie durch Verwitterungsprozesse spurlos. Fossil erhaltene Harze müssen also verhältnismäßig rasch dem Einfluss von Licht und Sauerstoff entzogen worden sein.

Das bedeutet also, dass pflanzliche Harze – komplexe Stoffgemische – durch den Polymerisationsprozess (wie immer der auch abgelaufen sein mag) noch an Vielfalt zunehmen.

Durch den Polymerisationsprozess ist aber mit den fossilen Harzen kein stabiles, chemisch nicht mehr veränderbares Produkt entstanden, wie wir das z. B. von synthetischen Polymeren (Kunststoffen) gewohnt sind. Bernstein ist weiterhin chemischen Veränderungen ausgesetzt. Das können wir z. B. an Museumsbeständen erkennen, wo Bernsteinstücke in der Vitrine unter dem Einfluss von Licht, Wärme und Luftsauerstoff an der Oberfläche verwittern.

Das bedeutet aber auch, dass die Bedingungen während der Lagerung von Bernstein in den Sedimentschichten die chemischen Strukturen der fossilen Harze verändern.

Nach Ansicht der meisten Autoren wurde z. B. der Baltische Bernstein mehrfach umgelagert. Er hat also in seiner Geschichte unterschiedliche Lagerungsbedingungen erfahren, bevor er in der sogenannten „Blauen Erde“, einem marinen Sediment, abgelagert wurde, woraus er gewonnen werden kann. Diese komplexe Entstehungsgeschichte erschwert die Rekonstruktion und das Verständnis der chemischen Vorgänge bei der Fossilisation der Harze.

Diese Ausführungen und Überlegungen deuten die Herausforderung an, vor der Wissenschaftler stehen, wenn sie die Analysenergebnisse von Bernsteinproben interpretieren wollen.

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Chemische Analysen fossiler Harze

Die Tatsache, dass fossile Harze typischerweise nur zu einem geringen Anteil in organischen Lösungsmitteln löslich sind, beeinträchtigt die chemische Analyse, da für viele Analysemethoden mit hoher Auflösung der zu untersuchende Stoff in gelöster Form vorliegen sollte.

Spektroskopische Methoden für Festkörperanalysen wurden in vielfältiger Form eingesetzt. Vor allem Infrarotspektroskopie (IR), mit der funktionelle Gruppen einer Substanz ermittelt werden können, wurde in großem Umfang eingesetzt. Hier hat vor allem C. W. Beck Studien an umfangreichem Probenmaterial vorgelegt (Beck 1986). Daneben wurden auch Arbeiten über die Anwendung von NMR-Spektroskopie und Röntgenbeugung veröffentlicht.

Gaschromatographie (GC) ist heute als eine extrem hoch auflösende Methode zur Trennung von gasförmigen Gemischen verfügbar. Diese Trennmethode kann sehr gut mit Analysenmethoden gekoppelt werden, die die einzelnen Komponenten mit sehr detaillierten Informationen über deren chemische Struktur nachweisen. Eine der leistungsfähigsten Methoden in dieser Hinsicht stellt die Massenspektrometrie dar. Hier kann das Molekulargewicht sehr exakt bestimmt werden und je nach Anwendung auch die Masse von Fragmenten, in welche die zu analysierende Substanz aufgebrochen werden kann.

Mit GC-MS-Methoden können also gasförmige Komponenten fossiler Harze mit hoher Aussagekraft analysiert werden. Auch Komponenten, die bei höherer Temperatur gasförmig werden (verdampfen), kann man so nachweisen. Dennoch wird damit nur ein kleiner Anteil der fossilen Harze der Analyse zugänglich.

Heute ist eine weitere Variante der GC-MS-Analyse in der Untersuchung von Bernsteinproben etabliert und zum Standard geworden, nämlich dass vor der eigentlichen GC-MS-Analyse die zu untersuchende Substanz durch Pyrolyse (also eine [Auf-] Lösung [=lysis] durch Feuer [=pyr]) aufgelöst und verdampft wird. Bei hohen Temperaturen werden dabei in einer Atmosphäre von nicht reaktivem Gas (Inertgas) chemische Bindungen der komplexen Makromoleküle gespalten. Die dann kleineren Fragmente werden bei höheren Temperaturen als gasförmige Komponenten analysiert. Durch umfangreiche vergleichende Analysen einer Vielzahl von Proben hat man inzwischen charakteristische chemische Fragmente verschiedener fossiler Harze nachweisen können. Die bisherigen Erfolge mit dieser Methode nähren auch die Hoffnung vieler Wissenschaftler, dass man anhand spezifischer Harzbestandteile Hinweise auf die ursprünglichen Lieferpflanzen finden kann.

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Ansätze zu einer systematischen Erfassung fossiler Harze
Abb. 2: Labdanoide Struktur aus fossilen Harzen. Labdanum (auch Ladanum) ist ein öliges Harz, das aus verschiedenen Zistrosen (heute meist aus der Lack-Zistrose Cistus ladanifer) gewonnen wird.

Die oben kurz beschriebenen leistungsfähigen Analysemethoden eröffnen eine Möglichkeit, die bisher unbefriedigende Situation bei der systematischen chemischen Beschreibung fossiler Harze zu überwinden. Seit Beginn der 1990er Jahre wird daran intensiv gearbeitet (Vávra 1993). Vor allem K.B. Anderson hat gemeinsam mit verschiedenen Kollegen in einer Vielzahl von Publikationen ein System zur Klassifikation fossiler Harze etabliert (Anderson 1995), das heute weitgehend akzeptiert und angewendet wird. In diesem System werden fossile Harze in 5 verschiedene Klassen eingeteilt, die jeweils durch typische chemische Strukturen der Terpene aus dem polymeren Grundgerüst charakterisiert sind. Bei der bedeutendsten Klasse I handelt es sich um fossile Harze, die durch Diterpene mit Labdanstruktur gekennzeichnet ist. Als Labdane werden Moleküle aus 20 C-Atomen bezeichnet, die zwei kondensierte Ringsysteme mit spezifischen räumlich ausgerichteten Bindungen (Stereochemie) aufweisen sowie Doppelbindungen enthalten können (die Grundstruktur von Labdan ist in Abb. 2 gezeigt). Der Name leitet sich von Labdanum (auch Ladanum) ab, Harzen aus Zistrosengewächsen (Cistaceae) ab, die bereits in der Antike gewonnen und für Räucherwerk und als Parfums genutzt wurden. Die Bernsteine der Klasse I werden derzeit in drei Gruppen: Ia, Ib und Ic unterteilt, wobei zur Unterscheidung die räumliche Ausrichtung von Bindungen, die Position von Doppelbindungen, sowie weitere chemische Komponenten aus der komplexen Polymerstruktur als Kriterien herangezogen werden. So wird der bekannte Baltische Bernstein der Klasse Ia zugeordnet, der als charakteristischen Bestandteil auch Bernsteinsäure (Succinit) enthält.

Die Labdanstrukturen sowie die weiteren im fossilen Harz enthaltenen chemischen Verbindungen liefern auch Hinweise auf die ursprünglichen Lieferpflanzen. Die auf der Basis von chemischen Strukturen aus den fossilen Harzen vermuteten Lieferpflanzen können manchmal auch durch im Harz eingeschlossene Pflanzenfossilien bestätigt werden.

Fossile Harze der Klasse I konnten bisher überzeugend in der frühen Kreide nachgewiesen werden (Bray & Anderson 2008). Hinweise auf Bernstein der Klasse I aus früheren Perioden sind vergleichsweise weniger gut abgesichert.

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Neue Analysen von Bernstein aus dem Karbon

Bray & Anderson (2009) beschreiben kleine Bernsteinstückchen (etwa 5mm lang) aus einem Kohleflöz in Illinois (Abb. 1), USA, das zur Tradewater Formation gehört (Lower Desmoinesian Serie, Karbon). Aufgrund stratigraphischer Kriterien wird das Alter dieser Vorkommen mit ca. 320 Millionen Jahren angegeben. Die Bernsteinstückchen finden sich nicht häufig im Flöz. Die Autoren haben 5 der goldgelben Proben mit Pyrolyse GC-MS analysiert, und die nahezu identische Verteilung der verschiedenen Komponenten der fossilen Harze zeigten deutlich, dass die Harze der Klasse I zuzuordnen sind. Diese Befunde deuten darauf hin, dass alle Proben aus derselben botanischen Quelle stammen. In keinem Falle konnte Bernsteinsäure nachgewiesen werden, und die räumliche Struktur der Labdane entsprach derjenigen von Bernstein der Klasse Ic. Es sind keine pflanzlichen Makrofossilien in Verbindung mit diesen fossilen Harzen bekannt, die Harz liefernde Pflanze ist daher bislang unbekannt.

Nach bisherigen Erkenntnissen geht man davon aus, dass Harze der Klasse Ib von Koniferen gebildet werden, Ic Harze dagegen werden üblicherweise mit Angiospermen (Bedecktsamern) in Verbindung gebracht (es sind keine gegenwärtig lebenden Angiospermen bekannt, die Harze der Klasse Ia produzieren).

Die Resultate der vergleichenden Analysen mit anderen, sehr gut charakterisierten fossilen Harzen veranlassen Bray & Anderson (2009) zu der Vermutung, dass die neu beschriebenen fossilen Harze der Klasse Ic aus dem Karbon von Vorläufern der Koniferenartigen Gymnospermen (Nacktsamern) stammen. Moderne Harze der Klasse Ic sind vor allem von Angiospermen bekannt. Fossilbefunde bezeugen Angiospermen bisher aber erst ab der Kreide und die Autoren behaupten aufgrund ihrer Befunde nicht, dass damit Angiospermen bereits im Karbon nachgewiesen wären. Vielmehr vermuten sie, dass die biochemischen Stoffwechselwege, die zur Synthese von Ic-Harzen erforderlich sind, bereits vor den wirklichen Koniferen vorhanden waren, d. h. bevor sich die Pflanzen entwicklungsmäßig in Angiospermen und Gymnospermen aufgespalten haben. Die analytischen Befunde für die fossilen Harze aus dem Karbon stehen also nicht im Einklang mit den gängigen evolutionstheoretischen Hypothesen zur Entstehung der Pflanzen und das prägt den Ansatz zur Interpretation der neuen Ergebnisse.

Die analytischen Befunde für die
fossilen Harze aus dem Karbon stehen nicht im Einklang mit den gängigen
evolutionstheoretischen Hypothesen.

Die grundlegenden Schritte zur Biosynthese dieser Harze müssten über mehr als 300 Millionen Jahre sowohl in Gymnospermen als auch in Angiospermen erhalten geblieben sein.

Bray & Anderson sehen in ihrem Beitrag eine Bestätigung einer Hypothese, die aufgrund genetischer Untersuchungen aufgestellt wurde, nämlich dass die ursprüngliche Differenzierung der Gene für die Terpensynthesen während des Karbons stattgefunden hat. Um diesen Punkt zu erhärten, sind sicher noch weitere Untersuchungen nötig.

Die Arbeit von Bray & Anderson (2009) zeigt aber vor allem, dass die leistungsfähigen Analysemethoden bei der Untersuchung fossiler Harze aufgrund der Biosynthese der Harzkomponenten Anstöße geben können, Fragen nach den Lieferpflanzen, deren Verwandtschaft und Auftreten in der Erdgeschichte immer wieder neu zu überdenken.

Mit dieser Publikation sind, wie Grimaldi (2009) in einem Begleitkommentar schreibt, neue spannende Fragen aufgeworfen, die den Wunsch und die Hoffnung nach neuen Fossilfunden – im Idealfall mit Fossilien von Pflanzen und Insekten nähren. Es bleibt spannend bei der Erforschung fossiler Harze und dem, was sie uns an Hinweisen über die Erdgeschichte liefern.

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Literatur

Anderson KB (1995)
New evidence concerning the structure, composition, and maturation of class I (Polylabdanoid) resinites. In: Anderson KB & Crelling JC (eds.) Amber, Resinite, and Fossile Resins. ACS Symposium Series 617, 105-129.
Beck CW (1986)
Spectroscopic investigations of amber. Appl. Spectroscopic Rev. 22, 57-110.
Bray PS & Anderson KB (2009)
Identification of Carboniferous (320 million years old) Class Ic amber. Science 326, 132-134.
Grimaldi D (2009)
Pushing back amber production. Science 326, 51-52.
Langenheim J (2003)
Plant Resins. Chemitry, Evolution, Ecology, Ethnobotany. Timber Press, Portland, Oregon.
Vávra N (1993)
A chemical characterization of fossil resins („amber“) – a critical review of methods, problems, and possibilities: determination of mineral species, botanical sources and geographic attribution. Abh. Geol. Bundesanstalt 49, 147-157.

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